AZ/ AN, Freitag, 7. Mai 2004 (Christiane Chmel)
„Sanierung“ wertvoller Teppiche auf traditionell-persische Weise – Auch „Totalschäden“ können noch gerettet werden.
Handgeknüpfte Teppiche bestehen zu hundert Prozent aus Naturfasern, weshalb sie mit der Zeit verblassen können und schwer zu reinigen sind. Doch ein echter Orientteppich ist in jedem Fall eine Kostbarkeit und selbst ausgebleicht, abgetreten oder verschmutzt noch sehr wertvoll. Flecken aller Art wie zum Beispiel Kaffee, Rotwein, Saft oder Urin können vom Fachmann entfernt werden. Dieser repariert auch Brandschäden, Verfärbungen, abgewetzte Stellen und sogar Löcher. Die Fachmänner gehen dabei streng nach alter persischer Tradition mit rein pflanzlichen Mitteln vor. „Oft sind die Kunden verärgert, wenn sie zu uns kommen, weil vorher eine andere Firma mit chemischen Mitteln gearbeitet hat und dadurch Wollfarben oder Gewebe angegriffen wurden“, so Teppich-Experte Behzad Bahrami Farhani. „Deshalb setzen wir auf die fachmännische Handwäsche ohne Verwendung von Chemie, um weitere Schäden auszuschließen.“ Auch die verwendeten Wollfarben und Materialien sind reine Naturprodukte.
Die Mitarbeiter waschen die Orientteppiche ausschließlich mit viel kalkfreiem Wasser und Kernseife. „Ein Prozess, der viel Geduld erfordert,“ so Bahrami. Durch die spezielle Kernseife wird die Wolle rückgefettet, erhält ihren alten Glanz zurück und weist dauerhaft Schmutz ab. Nach dem Waschen und Trocknen werden noch bestehende Schäden wie Löcher per Hand neu geknüpft. Die ausgebesserten Stellen sind im Anschluss nicht mehr vom Rest des Teppichs zu unterscheiden. Bahrami stammt selbst aus einer persischen Teppichknüpfer-Familie und liebt sein Handwerk. Seine Mitarbeiter hat er alle selbst angelernt. Gleichzeitig ist Bahrami Deutschlands einziger vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer für Orientteppiche. Mehrere hundert Gutachten über Schäden an Orientteppichen erstellt er jedes Jahr. Die Aufträge kommen aus ganz Deutschland, größtenteils von Versicherungen. Selbst Teppiche, die von Fachleuten als „Totalschäden“ eingestuft wurden, konnten schon gerettet werden. Die Kosten für die Wiederherstellung betragen dabei nur einen Bruchteil des Teppich-Wertes. Seit 2500 Jahren werden Orientteppiche in rund zwanzig Ländern der Erde von der Türkei bis nach China aus Wolle oder Seide sowie Kunstseide handgeknüpft. Der Wert eines Teppichs wird über seinen Entstehungsort, sein Alter, das verwendete Material, seinen Zustand, die Knüpf-Technik und die Knotenanzahl bestimmt. Diese kann bis zu vier Millionen Knoten pro Quadratmeter erreichen. An einem drei Quadratmeter großen Teppich mit durchschnittlicher Knotenzahl knüpft ein Teppichmeister gut sechs Monate. Heute werden Orientteppiche auch aus Kunstfasern hergestellt. „Diese Teppiche sind in der Qualität nicht mit einem hochwertigen, handgeknüpften Teppich zu vergleichen“, betont Bahrami.
Und wie können Orientteppiche am besten vor dem Altern bewahrt werden? „Der Teppich muss regelmäßig mit einem einfachen Sauger ohne Klopffunktion gesaugt werden, damit der Schmutz erst gar nicht tief in das Gewebe eindringen kann“, rät Bahrami. Der Teppich sollte ab und zu gedreht werden, damit sich die Laufspuren gleichmäßig verteilen.
Pflanzen gehören nicht auf den Teppich, denn die entstehende Feuchtigkeit kann dem Gewebe des Textils schaden. Bei Flecken gilt: nur die Flüssigkeit mit Papiertüchern absaugen, jegliches Bearbeiten bringt den Schmutz nur tiefer in das Gewebe. Auf aggressive Reiniger sollte man verzichten.“